Stand: 25.03.2016
In diesem zweiten Beitrag wollen wir beginnen Jütlands Norden, die “Nordjütische Insel” (dänisch: “Nørrejyske Ø”, auch “Vendsyssel-Thy” genannt), zu erkunden: vom westlichen Durchbruch des “Limfjords”, bei “Thyborøn”, in die Nordsee, entlang zunächst bis zur “Jammerbucht”. – Weiter geht’s!
Nach dem Übersetzen mit der Fähre von Thyborøn nach “Agger”, folgen wir weiter der Küstenstraße nach Norden, durchfahren Agger und umfahren die drei Seen “Flade Sø” (fischreicher Süßwassersee! Hier können Angler Dorsch und Zander an den Haken bekommen), “Roddenbjerg Sø” (hier ereignete sich 1985 ein schauriges Verbrechen) und “Ørum Sø”. Die Karte oben zeigt die nachfolgend beschriebenen Ziele in diesem Abschnitt an (zum Vergrößern Grafik anklicken).
Wir befinden uns im Zwei-Küsten-Land “Thy”, zudem seit 2007 der erste Nationalpark Dänemarks. Zwei-Küsten deshalb: Im Westen die Küste zur Nordsee, mit schier endlosen Stränden. Im Osten die Ufer zum Limfjord, mit bis an das Wasser heranreichenden Feldern und Wiesen. Ziele rund um und im Limfjord gelegen, werden in einem eigenen Limfjord-Beitrag zusammengefasst.
Ein paar Kilometer nördlich der genannten Seen finden wir den respektablen Leuchtturm
Lodbjerg Fyr
GPS: 56° 49′ 24.37″ N, 8° 15′ 46.02″ E
Auf einer leichten Anhöhe, aber mitten in einem kleinen Wald, umgeben von einer Heide- und Moorlandschaft und über 700 Meter von der Küste entfernt, befindet sich der Leuchtturm “Lodbjerg Fyr” inmitten des Nationalparks “Thy”. Der Leuchtturm, zu dem auch zwei weitere Gebäude gehören, kann über 133 Stufen bestiegen werden und bietet einen wunderbaren Blick über die Heidelandschaft des Nationalparks und die Nordsee.
Etwa 7 km nördlich vom Leuchtturm kann man für dänische Verhältnisse eine merkwürdige Seltenheit bestaunen, nämlich den
Udtørret Sø
GPS: 56° 52′ 27.41″ N, 8° 17′ 52.07″ E
Ein ausgetrockneter See und das im Norden Jütlands? Man kommt sich darin ein wenig vor, als stünde man in einem ausgetrockneten See irgendwo in Afrika. Ein wenig hat das Becken auch eine Ähnlichkeiten mit einem Asteroidenkrater. Eine merkwürdige Stimmung herrscht dort jedenfalls.
Stenbjerg Strand
GPS: 56° 55′ 48.03″ N, 8° 20′ 13.64″ E
Im Artikel “Jütlands Westen – von Tønder bis Thyborøn” lernten wir eine Nordseefischerei kennen, welche von Esbjerg, über “Hvide Sande”, “Thorsminde” bis nach “Thyborøn ihren Ausgang stets von kleinen, befestigten Fischerhäfen nimmt.
Hier, an der Nordseeküste der “Nordjütischen Insel”, würden solche Häfen keinen Sinn ergeben, sie wären in kürzester Zeit versandet und damit wieder unbrauchbar. Deshalb helfen sich die Fischer hier auf andere Weise. Sie ziehen ihre Fischerboote nach dem Fang einfach mittels einer Seilwinde an den Strand. Und wenn sie wieder auf Fischfang fahren wollen, wird das Boot auf gleiche Weise, über eine Umlenkrolle, einfach wieder ins Wasser gezogen. Für Fotografen ergeben sich daraus wunderbare Motive. Den ersten “Landigsplads” am Strand finden wir beim – von Touristen eher selten besuchten -“Stenbjerg”.
Das sieht vier Kilometer weiter nördlich schon etwas anders aus, nämlich in
Nørre Vorupør
GPS: 56° 57′ 31.60″ N, 8° 22′ 2.22″ E
Auf der Landungsstelle in “Nørre Vorupør” herrscht reger Betrieb. Hier kann der geneigte Besucher seine Fähigkeit zur korrekten Aussprache in Dänisch beweisen, denn angeblich ist der Ortsname für deutsche Zungen unaussprechbar: Also das geht
so, die beiden “r” in “Nørre” werden fast gar nicht, eher wie eine Mischung aus “r” und “j” ausgesprochen, die beiden “ø” als offene “ö”, das “V” als “W” und das “p” als “b” (bei letzterem sind Franken eindeutig im Vorteil). Wenn alles gut geht, dann sollte das Ganze in etwa wie “näijeworbäier” klingen.
Jedenfalls: Eine Mole zum Flanieren und Angeln, viele Fischerboote zur Ablichtung am Strand und gastronomische Betriebe wirken hier auf Touristen ziemlich magnetisch.
Ein ähnliches Bild etwa 12 km nördlich in
Klitmøller
GPS: 57° 2′ 35.79″ N, 8° 28′ 57.71″ E
Hier sind es eher kleiner Boote, die am Strand herumstehen und das Treiben dort am Strand ist etwas bunter. “Klitmøller” gilt als das dänische “Hawaii”. Wohl zurecht! Denn wenn man einem Artikel in “Zeit-online” glauben darf, dann gilt das kleine dänische Fischerdörfchen wohl als das “beste Surfrevier Europas”. Alles Erforderliche für diesen Freizeitspaß ist vor Ort vorhanden – gegen “Cash” versteht sich: Surfschulen, Verleih von Surfbrettern etc. (Foto: Wikimedia Commons)
Weiter geht’s auf der Küstenstraße 181 Richtung “Hanstholm”, vorbei an kleineren Seen der Moor- und Heidelandschaft
Tormål Nationalpark
GPS: 57° 3′ 34.32″ N, 8° 37′ 27.28″ E
Es ist eine eigenartige Landschaft hier: Manches erinnerte mich an Kanada, manches an Finnland und leider viel zu viel auch an Deutschland. Denn mitten in die Dünen, dem Moor vorgelagert, baute die Deutsche Wehrmacht unter den Nazis eine gigantische Flak-Batterie, genannt “Heeresküstenbatterie Hansted I” mit kaum zu zählenden Betonbunkern, Feuerleitständen etc. Dem Irrsinn kann man gar nicht anders begegnen, als es zum “Museum” zu machen. Aber hinter der Batterie, in Moor und Heide, da ist es richtig schön. (Foto: Wikimedia Commons)
Hanstholm
GPS: 57° 7′ 0.50″ N, 8° 35′ 40.74″ E
Kommt man über die Küstenstraße 181 nach “Hanstholm” (die sekundäre Küstenstraße endet hier und mündet in die “Primärstraße 26” von Hanstholm nach Ålborg ein), sieht es erst einmal ziemlich hässlich aus, denn man landet inmitten der Wirtschaftsgebäude des aus Bodennähe auch nicht gerade attraktiven Hanstholmer Hafens. Rechts sieht man steil aufsteigend einen begrünten Steilhang und den muss man erst erklimmen,
um an das wirklich Sehenswerte in Hanstholm heranzukommen. Man muss hierzu der weiterführenden Primärstraße 26 in einem weiten Rechtsbogen folgen, mit dem sich unsere Hauptfahrtrichtung übrigens von nordwärts nach ostwärts neigt. Oben, im eigentlichen Ort “Hanstholm”
angekommen, wird man an der Klippe mit einem schönen Blick über den Hafen und die Nordsee belohnt (o.g. GPS-Daten eingeben). Gleich am Aussichtspunkt daneben ein Hotel-Restaurant, das diesen Blick auch aus seinem Gastraum bietet.
Wenn man vor lauter Gucken nicht richtig guckt, kann man ihn leicht übersehen, denn er steht ein ganzes Stück abseits vom Ausblick auf den Hafen, etwa 700 Meter im Hinterland, nämlich der Leuchtturm
Hanstholm Fyr
GPS: 57° 6′ 45.89″ N, 8° 35′ 54.95″ E
Und es wäre jammerschade, den Leuchtturm “Hanstholm Fyr”, welchen man natürlich bis zur Aussichtsplattform ersteigen kann, nicht zu besuchen. Denn von dort erst hat man wirklich einen atemberaubenden Blick auf die Nordsee, in die Heide- und Moorlandschaft, über die Batterie-Anlage der Wehrmacht usw. Und zu Füßen des Leuchtturms ein kleiner Friedhof mit Kapelle, an welcher der “Dannebrog” natürlich auch nicht fehlen darf.
Auf dem Wege angucken:
Windkraftanlagentestfeld Østerild
GPS: 57° 3′ 0.47″ N, 8° 53′ 4.83″ E
In einem Nutzwald bei “Østerild” bauen Siemens und Vestas derzeit ein “Windkraftanlagen-Testfeld” mit den aktuell weltgrößten Windrädern und den zugleich größten Rotordurchmessern. Das größte dieser Windräder hat aktuell folgende Daten:
- Nabenhöhe = 140 Meter
- Gesamthöhe= 222 Meter
- Länge eines Windflügels: ca. 80 Meter
- Leistung = 8000 kW
Man kann die Größe der Anlagen erst ermessen, wenn sich zum Vergleich ein Mensch vor einen Mast hinstellt. Ich hab mich zu Weihnachten 2012 mal hingestellt, aber meine “175-cm-Zwergenhaftigkeit” und die Auflösung des bei Dunkelheit mit hoher ISO-Zahl aufgenommenen Fotos machen mich fast unsichtbar.
Durchaus beeindruckend und daher durchaus sehenswert, finde ich.
Lohnende Ziele am Limfjord will ich grundsätzlich in einem eigenen Beitrag darstellen, aber wenn man schon die Windräder in Østerild anguckt und in der Nähe ist, sollte man auch gleich die folgende Sehenswürdigkeit gleich mitnehmen:
Vogelwarte am Vejlerne Naturzentrum
GPS: 57° 1′ 59.51″ N, 9° 6′ 7.81″ E
Ein Highlight für Ornithologen!
Die “Vogelwarte am Vejlerne Naturzentrum” liegt in Nordjütland, am Nordrand des Limfjords, an der Primärstraße 29. Die Vogelwarte bietet Überblick über den südöstlichen Teil der “Bygholm-Wies”e” sowie den flachen Brackwassersee “Midtsø”.
Sommerhalbjahr (April-September)
Vor der Warte sind häufig rastende Enten und Watvögel zu sehen, von denen sich die meisten mittels des interaktiven Systems zur Vogelbestimmung auf der rechten Seite der Vogelwarte bestimmen lassen.
Häufig brüten Lachmöwe, Seeschwalbe und Säbelschnabler auf den kleinen, grünen Inseln, ca. 100 Meter von der Warte. Ab Mitte April sieht man Graugänse mit ihren Jungen überall auf der Bygholm-Wiese und am Midtsø. Der größte brütende Bestand von Graugänsen – mehr als 1300 Paare – finden sich im Vejlerne-Gebiet.
Ab Anfang Juni bis ca. 1. September sind häufig rastende oder nach Futter suchende Löffler zu sehen, vor allem am westlichen Teil des Midtsø.
Winterhalbjahr (Oktober-März)
Im Monat Oktober ist die größte Anzahl von Schwimmenten im Midtsø zu sehen. Vor allem Pfeifenten fressen Wasserpflanzen, die sie häufig von nach Futter suchenden Schwänen aufsammeln, aber wie die Gänse grasen auf die Pfeifenten am Ufer.
Durch die Fernrohre der Warte sind oft Scharen von Höckerschwänen, Singschwänen und rastenden Gänsen sowie Kranichen zu sehen. Mitunter ruht ein Wanderfalke auf einem Pfahl oder einem Höcker auf der Wiese.
Allerdings wurden wir 2013, bei einem unserer Besuche der Vogelwarte, auch schon einmal überrascht: Es gab nicht einen einzigen Vogel zu sehen, aber dafür einige im Brackwasser badende Rindviecher – soll hilfreich gegen Fußpilz sein.
Wir fahren ca. 20 km zurück Richtung Norden, an die Nordsee. Dabei müssen wir etwas umständlich den “Lund Fjord” und kommen zu einer außergewöhnlichen Attraktion, zum
Bulbjerg
GPS: 57° 9′ 28.77″ N, 9° 1′ 31.64″ E (Parkplatz)
Wir kennen Dänemark als flaches Land, mit endlosen Stränden. Dass uns beim arglosen Spaziergang plötzlich ein riesiger Kalkfelsen den Weg versperren könnte, kommt einem im Nordland zunächst nicht so ohne weiteres in den Sinn. Und genau das macht den “Bulbjerg” zum “Must-see-Event”. – Eine Felsen am Strand in Dänemark, der vielen Wasservögeln zugleich als geschützter Brutraum dient.
Bis 1978 war dem “Bulbjerg” im Wasser eine Felsnadel, ähnlich der “Langen Anna” auf Helgoland, vorgelagert. Doch die Spitze brach ab und es blieb nur ein kaum mehr auffälliger Stumpf übrig. Man kann bei niedrigem Wasser den Felsen an der Wasserseite umwandern, man könnte dabei aber auch ziemlich nass werden.
Der Bulbjerg kann zugleich als Beginn der Jammerbucht betrachtet werden. Entlang der Jammerbucht gibt es allerdings so vieles zu sehen, dass es sich lohnt – auch, um diesen Beitrag nicht uferlos lange werden zu lassen – ihr einen eigenen Beitrag zu widmen. Daher habe ich beschlossen “Jütlands Norden” auf weitere Artikel aufzugliedern. Weiter geht es also in “Entlang der Jammerbucht”.
Kurt O. Wörl